Kamera-Einstellungen für Fortgeschrittene

Level:Fortgeschritten
Anwendung:Praxis

Hier ist ein Weg durch den Dschungel an möglichen Kamera-Einstellungen, entlang der überschaubaren Anzahl von Einstellungen, die wirklich wichtig für das Aussehen deiner Fotos sind.

Kamera-Modus – manuelle Kontrolle zulassen

Einstellräder für Kamera-Modus, in P

P, S, A, M bzw. P, Tv, Av, M bei Canon sind die Kamera-Modi für Fortgeschrittene. Nur bei ihnen kannst du alle Kamera-Einstellungen selber kontrollieren; eine Vollautomatik lässt das nicht zu, da sie nicht nur bequem, sondern auch sicher vor Bedienungsfehlern sein soll.

Mit der vollen Kontrolle über alle Kamera-Einstellungen gibt es auch mehr Freiheiten, Fehler zu machen, diese Richtungsentscheidung sollte dir klar sein. Wenn du selber etwas aus frischen Zutaten kochst, anstatt ein Fertiggericht anzurühren, hast du nicht nur die Freiheit, etwas Eigenes zu erschaffen. Du musst dich dann um Salzen, Würzen und einiges mehr selber kümmern – Chance und Risiko, Freiraum für Kreativität ebenso wie für Fehler.

Du kannst mit allen vier Modi die gleichen Ergebnisse erreichen. Es ist eine Frage der persönlichen Vorliebe, welchen Modus du benutzt und je nach Aufnahme-Situation sind sie unterschiedlich praktisch.

Meine Empfehlung ist P oder A/Av, also Programmautomatik oder Blendenvorwahl. Starte mit P, wenn du bequem fotografieren möchtest oder mit der Blendenwahl noch nicht vertraut bist. Nimm A/Av, wenn du aktiv die Blende für die Beeinflussung der Schärfentiefe wählen möchtest.

Du brauchst nicht alles über den Kamera-Modus zu wissen, um dich für P oder A / Av zu entscheiden, kannst es aber hier nachlesen: Kamera-Modus

Kamera zurücksetzen – vertrauten Ausgangspunkt schaffen

Hierzu gibt es keine allgemeine Empfehlung, es ist für die verschiedenen Hersteller und Kamera-Modelle zu unterschiedlich, wie du sie in einen vernünftigen Grundzustand zurücksetzen kannst. Sie können eine Art Reset anbeiten oder erfordern, dass du geänderte Einstellungen ggf. auch selber wieder zurücksetzt.

Sonst kann es dir z.B. passieren, dass du eine Belichtungskorrektur einstellst, um ein Foto heller oder dunkler zu gestalten, legst die Kamera aus der Hand und dein erstes Foto am nächsten Tag bekommt unbeabsichtigt die gleiche Belichtungskorrektur.

Es ist eine normale Erfahrung, versehentlich mit falschen Einstellungen zu fotografieren. Ich würde wetten, dass das jedem Fortgeschrittenen schon mal passiert ist.

Gewöhne dir an, die Einstellungen, die du aktiv änderst, im Blick zu behalten und mache dich damit vertraut, wie du deine Kamera in einen dir bekannten Ausgangszustand zurücksetzen kannst.

Eine neue Kamera, an der noch keiner herumgespielt hat, wird immer vom Hersteller vernünftige Grundeinstellungen haben, mit denen du erstmal loslegen kannst.

Brennweite – Bildwinkel und Perspektive wählen

Für Fortgeschrittene werde ich von Brennweite anstelle von Zoom schreiben. Sie hat zwei Auswirkungen auf deine Fotos:

Aufnahme mit Tele-Brennweite ca. 180 mm KB
Aufnahme mit leichter Telebrennweite, ca. 70 mm KB
Weitwinkelaufnahme, Brennweite ca. 25 mm KB
  • Die Brennweite bestimmt die Breite des Bildausschnittes, kann durch Zoomen „mehr drauf bringen“ oder etwas „dichter ran holen“. Das ist die offensichtliche Bildwirkung, wie sie bereits jeder Einsteiger kennt und nutzt.
  • Hierzu drei vom selben Fleck innerhalb weniger Minuten entstandene Fotos, die unterschiedliche Brennweite schafft ganz andere Bildinhalte und Bildgestaltungsmöglichkeiten. Sie nutzen noch keine extremen Weitwinkel- oder Telebrennweiten, mit denen die Unterschiede noch krasser ausfallen können.

Aufnahme mit leichter Telebrennweite, ca. 80 mm KB
Aufnahme mit Normalbrennweite , knapp 50 mm KB
Aufnahme mimt Weitwinkel-Brennweite, ca. 28 mm KB
  • Die Brennweite bestimmt zusammen mit dem Aufnahmestandpunkt die Perspektive, die Größenverhältnisse im Bild. Das ist die fortgeschrittene, für die Bildgestaltung wichtige Rolle der Brennweite. Sie ändert die Wirkung deiner Bilder, gibt dir mehr Ausdrucksmöglichkeiten und führt dazu, dass du dich bewegen musst. Z.B. dichter ran gehen und mit einer Weitwinkel-Brennweite fotografieren, anstatt bequem an Ort und Stelle den Zoom-Schieber zu betätigen.

Achte bei den drei Fotos von dem Haus in der Toskana auf das Wagenrad links unten und den Baum am rechten Rand; sie sind auf allen drei Fotos die selben und am selben Platz. Unterschiedliche Aufnahmeabstände und Brennweiten ergeben die so verschiedenen Perspektiven.

Anfänger zoomen mit ihrer Kamera dort, wo sie gerade stehen; Fortgeschrittene beherrschen auch Bildgestaltung mit den Füßen, den „Turnschuh-Zoom“ im Zusammenspiel mit der Brennweite.

Wenn du es nicht parat haben solltest, sieh dir für deine Kamera bzw. Objektiv(e) an,

  • welche Brennweiten sie haben – ausgedrückt in mm der entsprechenden KB-Brennweite
  • in welchem Bereich von Weitwinkel bis Tele du dich damit bewegen kannst und welche Bildwirkungen du damit erzielen kannst. Probiere und experimentiere!

Autofokus – die Schärfe

Autofokus auf Vorder- und Hintergrund

Der Autofokus hat nur ein einziges Ergebnis zu liefern: Das Objektiv auf eine Entfernung einzustellen, die es mit bestmöglicher Schärfe abbildet. 

Alle Einstellungsmöglichkeiten und aufwändige Technik drumherum beschäftigen sich damit, wie deine Kamera diese Entfernung findet, möglichst schnell, zuverlässig, auch bei schwachem Licht usw.

Wenn der Autofokus von alleine auf die Entfernung kommt, in der dein Hauptmotiv liegt, ist alles gut.

Andernfalls sind die beiden wichtigsten Einstellungen, um den Autofokus selber zu lenken:

  • Wohin fokussieren? – Die Ansage an die Kamera, auf welchen Punkt im Bild der Autofokus scharf stellen soll
  • Einmalig oder fortlaufend fokussieren? – Die Einstellung, ob der Autofokus einmalig scharfstellen und dann still stehen soll oder ob er einem bewegten Motiv folgen, also die Entfernung kontinuierlich anpassen soll.

Mehr über die wichtigsten Autofokus-Einstellungen

Blende, Belichtungszeit, ISO – die treuen Begleiter

Beispielanzeige mit Blende, Belichtungszeit, ISO-Empfindlichkeit

Diese drei sind das Herz der Kamera-Einstellungen, in der heutigen Digitalfotografie ebenso wie in den Jahrzehnten zuvor. Sie kontrollieren die Aufzeichnung des einfallenden Lichtes, das Wesensmerkmal der Fotografie.

  • Jede für sich alleine hat eine bestimmte Auswirkung auf das Aussehen deines Bildes.
  • Alle drei zusammen ergeben die Belichtung, wie hell oder dunkel dein Foto aussieht. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.

Hier sind drei Schritte, die dir alles Wichtige dazu erklären:

Belichtung – die Bildhelligkeit

weiße Orchideen mit verschiedenen Belichtungen

Die automatische Belichtungsmessung der Kamera misst die Helligkeit des einfallenden Lichts. Wenn du verstehst, wie sie funktioniert, kannst du über eigene Eingriffe in die Belichtungsmessung selbst entscheiden. Dazu hilft dir:

Um die Belichtung anzupassen, gibt es drei Möglichkeiten:

  • Belichtungsspeicher | Die einfachste Methode, die Belichtung zu beeinflussen, und schon bei den Erklärungen für Einsteiger beschrieben. Das heißt aber nichts Schlechtes, im Gegenteil, auch Profis verwenden ihn. Mehr zum Belichtungsspeicher
  • Belichtungskorrektur | Eine zusätzlich von Hand eingestellte Korrektur für eine von der automatischen Belichtungsmessung abweichenden helleren oder dunkleren Belichtung. Mehr zur Belichtungskorrektur
  • Art der Belichtungsmessung | Eine andere Art der Belichtungsmessung zu wählen, kann auch sinnvoll sein. Wie du das konkret vornimmst, ist Teil des bereits zuvor verlinkten Artikels Arten der Belichtungsmessung

Die drei Möglichkeiten, die Belichtung zu beeinflussen, lassen sich beliebig kombinieren; es gibt kein exaktes Patentrezept, was wann zum besten Ergebnis führt und unterschiedliche persönliche Vorlieben. Solange das Ergebnis stimmt, ist alles gut.

Das Ergebnis der Belichtungsmessung muss am Ende in eine Kombination von Blende, Belichtungszeit und ISO-Empfindlichkeit übersetzt werden. Es gibt immer mehrere, die die gleiche Helligkeit liefern und es ist Aufgabe der bereits genannten Belichtungssteuerung, eine Kombination auszuwählen.

Abhängig vom gewählten Kamera-Modus wählst du dabei Blende und/oder Belichtungszeit selber. 

Weißabgleich – Farbwiedergabe

Unterschiedliche Weißabgleich-Einstellungen, automatisch und manuell

Der Weißabgleich korrigiert die Farbwiedergabe, vor allem in Richtung zu wärmeren oder kühleren Farben.

Wie bei der Belichtung macht dies jede Kamera automatisch und meistens gut. Wenn du die volle Kontrolle haben möchtest, brauchst du den Weißabgleich deiner Kamera.

Mehr zum Weißabgleich

Blitz – die Extra-Dosis Licht

Die eigene Entscheidung, mit oder ohne Blitz zu fotografieren ist bereits Teil der Empfehlungen für Einsteiger und gilt für Fortgeschrittene unverändert.

Für Fortgeschrittene kommt hinzu:

  • Wissen um die Einsatzmöglichkeiten des Blitzes, und wie du mit einem aufsteckbaren Blitz das Licht beeinflussen kannst: Was kann der Blitz?
  • Die Abstimmung des Blitzes mit der Belichtungszeit, vor allem um mit längeren Belichtungszeiten die Hintergrund-Helligkeit regeln zu können: Blitzsynchronisation
  • Die Blitzhelligkeit steuern: Blitzbelichtungskorrektur

RAW und/oder JPG? – das Format der Bilddatei

Bei dieser Frage geht es um das von der Kamera erstellte Dateiformat – das Standardformat JPG oder das aufwändiger zu handhabende RAW-Format. Dazu gibt es sehr unterschiedliche Empfehlungen und persönliche Vorlieben.

Ausführliche Artikel dazu werden folgen, das Ergebnis schreibe ich schon jetzt:

  • Bitte traue keiner pauschalen Empfehlung. Weder einem „auf jeden Fall in RAW zu fotografieren“, noch einem „JPG reicht auch“. Es kommt immer darauf an und wer so pauschal urteilt, verallgemeinert seine eigenen Erfahrungen oder liegt einfach falsch.
  • Im RAW-Format fotografierte Fotos können im Ergebnis besser werden, wenn 
    • du damit vertraut bist, wie man sie bearbeitet und 
    • sie kräftige Bearbeitung, vor allem Aufhellen und Abdunkeln benötigen.
      Da haben RAW-Dateien mehr Reserven für gute Qualität, die kommen aber nicht von alleine ans Licht, man muss sie schon aktiv herausholen. 

Leichte Bearbeitungen sind auch im JPG-Format gar kein Problem, nachträgliche Bildbearbeitung ist noch kein zwingender Grund, auf RAW umzusteigen.

Nur durch das Speichern von Fotos im RAW-Format verbessert sich erstmal gar nichts, schlimmstenfalls kannst du ohne passende Software deine Fotos am Computer oder Tablet überhaupt nicht mehr sehen. 

  • Wenn du dich mit dem Kennenlernen der Bildgestaltung und deiner Kamera schon gut beschäftigt fühlst, bleibe erstmal bei JPG. Wer als Neuling anfängt, RAW-Dateien zu bearbeiten, betritt ein neues, großes Gebiet der Bildbearbeitung, das braucht auch Einarbeitung. Fange nicht zu viel gleichzeitig an.

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