Zwei Schlüssel öffnen dir das Verständnis, wie Belichtungsmessung funktioniert und warum Fotos so hell oder dunkel geraten, wie du sie siehst. Es ist Hintergrundwissen – aber mit praktischem Nutzen, denn mit diesen zwei einfachen Schlüsseln kannst du für viele Situationen selber erkennen und entscheiden, ob und wie du in die Belichtung eingreifst.
Der erste Schlüssel zum Verstehen von Belichtungsmessung ist:
Du kannst mit einfachen Mitteln ausprobieren, was das bedeutet: Ein weißes und ein schwarzes Stück Karton genügen. Beliebige ähnliche Gegenstände, z.B. ein weißes und ein schwarzes T-Shirt sind genauso geeignet. Die beiden Glaskugeln habe ich zur Unterscheidung auf den Karton gelegt und damit die Kamera eine Hilfe zum Fokussieren hat.
Als nächstes siehst du je eine Aufnahme, bei der der weiße und schwarze Karton das gesamte Bild ausfüllen. Sie sind mit der gleichen vollautomatischen Belichtungsmessung, ohne Änderung in Kamera-Einstellungen aufgenommen, ich habe lediglich nach dem Übersichtsfoto die Kamera über die einzelnen Kartons gehalten und neu ausgelöst.
Der schwarze und weiße Karton erscheinen gleich hell, da die Belichtungsmessung nur eine einfallende Lichtmenge messen kann. Ob diese von einer hell beleuchteten dunklen Fläche oder einer weniger hell beleuchteten weißen kommt, weiß sie nicht.
Wenn ein Bildausschnitt gut gemischt aus hellen und dunklen Stellen besteht, kann die Kamera-Elektronik leicht eine Belichtung finden, die helle und dunkle Partien so wiedergibt, wie wir sie sehen.
Wenn jedoch kaum Kontraste im Bild sind und helle oder dunkle Tonwerte dominieren, wird jede Belichtungsmessung dein Foto in einem mittleren Grau wiedergeben. Eine schwarze Katze vor einem Kohlenhaufen wird genauso grau werden wie ein Schneemann vor einer weißen Hauswand.
Dieses Verhalten der Belichtungsmessung ist zeitlos, es galt bereits in Jahrzehnten der analogen Fotografie ebenso wie heute in der digitalen. Und es betrifft teure Profikameras genauso wie einfache Kompaktkameras.
Verschiedene Arten der Belichtungsmessung, egal wie raffiniert und aufwändig sie heutzutage geworden sind, haben dann keine Chance, ihre Vorteile auszuspielen. Sie können sich beweisen, wenn ein Motiv unterschiedliche Helligkeitsverteilungen hat. Dann sind Entscheidungen nötig sind, welche Bildteile bei der Belichtungsmessung wie stark berücksichtigt werden oder vernachlässigt werden können.
Der zweite Schlüssel zum Verstehen von Belichtungsmessung ist:
Um den zweiten Schlüssel zu veranschaulichen, habe ich ein kontrastreiches Motiv mit zwei verschiedenen Belichtungen aufgenommen.
Es hat sehr hohe Kontraste, da Helligkeitsunterschiede von der Beleuchtung und der Motivfarbe zusammenkommen: Die weiße Wolke, von der Sonne beleuchtet und das viel dunklere Grün, im Schatten liegend. Bei ausreichend heller Wiedergabe des Baumes ist die Wolke vollständig überbelichtet und nicht zu erkennen. Umgekehrt führt eine dunklere Belichtung, die alle Details der Wolke zeigt, zu einem viel zu dunklen, kaum erkennbaren Vordergrund.
Bei sehr kontrastreichen Motiven gibt es keine Belichtung, die alle Bildteile erkennbar wiedergibt. Die Kamera-Elektronik oder du als Fotograf, der in die Belichtung eingreift, muss entscheiden, welche Bildteile du als über- oder unterbelichtet opferst.
Hier haben moderne Automatiken Vorteile und unterscheiden sich darin, wie sie die Helligkeitsverteilung im Motiv analysieren. Dann kann sie z.B. dafür sorgen, dass der Bildteil, auf den sie fokussiert hat, auch erkennbar wird. Noch weiter geht eine Motiverkennung vor der Aufnahme, vor allem bei Smartphones, sie kann z.B. dafür sorgen, dass ein Gesicht auch im Gegenlicht gut zu erkennen ist.
Kameras unterscheiden sich etwas darin, welchen Helligkeitsumfang sie wiedergeben können. An das menschliche Auge reicht aber noch keine heran, diese Herausforderung besteht bei allen Kameras.
Auch diese zweite Regel gilt in der Digitalfotografie wie schon in den Jahrzehnten zuvor.
Neu hinzugekommen ist allerdings, dass es technische Tricks gibt, um damit besser umzugehen: Sogenannte HDR-Aufnahmen kombinieren mehrere verschieden belichtete Einzelbilder – die Wolken aus dem einen, die Bäume aus dem anderen Foto. Bei Smartphones geschieht das mitunter automatisch und so schnell, dass man es gar nicht mitbekommt.
Es gibt einige simple, zeitlose Regeln für die Belichtung. Für sehr kontrastarme Motive:
Die weißen Orchideen vor weißem Hintergrund, mit Licht von hinten sind ein solches Beispiel. Das linke der drei Fotos ist mit automatischer Belichtungsmessung aufgenommen – Nikons topaktuelle Matrix-Belichtungsmessung liefert ein zu dunkles Bild ab, so wie es jede andere Kamera auch tun würde und schon vor Jahrzehnten getan hat. Erst mit einer Belichtungskorrektur entsteht das gewünschte Ergebnis rechts.
Und für sehr kontrastreiche Motive: